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Was ist Ghosting? Und kann man Ghosting überhaupt vermeiden?

In unserer Branche kommt es immer häufiger vor, dass wir als Designer*innen von potentiellen Kund*innen oder Partnern und generell Kontakten jeglicher Art geghostet werden. Das heißt, wir hören einfach nichts mehr von ihnen, nachdem wir bspw. einen Discovery Call hatten, nachdem wir ein Angebot versendet haben oder sogar, während wir eigentlich mitten im Projekt stecken.

Ich musste kürzlich wieder selbst diese Erfahrung machen und möchte das zum Anlass nehmen, hier über dieses Thema zu sprechen. Denn eins vorweg: du bist damit nicht allein! Ich glaube leider, dass es schwierig ist, Ghosting gänzlich zu vermeiden. Also lass uns einen Weg finden, wie wir möglichst positiv damit umgehen können.

Ghosting vermeiden? Meine Tipps und Erfahrungen als Entrepreneur

Ghosting vermeiden? — Den Kunden verstehen

Es mag in diesem Kontext das Widersprüchlichste sein, aber hinterfragen wir kurz, warum sich ein potentieller Kunde nicht mehr zurückmeldet: die Person scheint sich nicht wohl dabei zu fühlen, in eine (für sie) schwierige Situation mit dir zu geraten.

Was sind mögliche Gründe, die dahinter stecken? Wir können es nur vermuten aber diese kommen in Frage: Es gibt kein ausreichendes Budget für das Projekt. / Unser Style passt nicht zum Projekt. / Das Projekt wurde abgesagt. / Die Timeline passt nicht. / Es wurde sich für einen anderen Designer entschieden.

Ghosting – Mögliche Gründe – by Mindt Design Studio

Lieber Kunde

Als Designer*in ist es am schwierigsten, nicht zu wissen, warum ihr uns ghostet. Schreibt uns doch eine kurze E-Mail. Dadurch wird die Beziehung nicht kaputt gemacht und wir wissen alle wo wir stehen. Außerdem gibt es dann für die Zukunft noch Potential für eine mögliche andere Zusammenarbeit.

Weitere Tipps für Kunden

  • Frage eine*n Designer*in nur dann an, wenn es dir ernst ist. Hast du dich mit der Website und den Social Media Kanälen vertraut gemacht? Super! Dann solltest du eine grobe Einschätzung über den Stil und die Persönlichkeit, vielleicht sogar über den Prozess und die Werte des Designers bekommen haben. Passt das zu deinen Vorstellungen oder doch eher nicht?
  • Bist du dir unsicher, wie der Design-Prozess abläuft? Wie viel Zeit musst du selbst dafür investieren? Du hast kein festes Budget und weißt nicht, was du zu erwarten hast? Sprich diese Punkte bitte vorab an. Stelle Fragen. Wir antworten gerne.
  • Ich erwarte von meinen Kunden eine ehrliche und offene Kommunikation. Das ist ein Zeichen von gegenseitigem Respekt. Punkt.
Ghosting vs. ehrliche und offene Kommunikation

Den Zeitaufwand von Designern verstehen

+ warum Ghosting diesbezüglich respektlos ist

Vielleicht ist es den Kunden nicht bewusst, aber als Designer*in machen wir uns bereits vor einem Projekt, ja sogar vor einem Discovery Call, viele Gedanken. Sobald ich eine ernstzunehmende Anfrage über mein Kontaktformular erhalte, hake ich evtl. nochmals mit ein paar tiefergehenden Fragen nach. Ich schaue mir die Website und die Social Media Kanäle des potentiellen Kunden an. Ich denke über die konkrete Anfrage nach, welchen Umfang sie haben könnte und wie ich den Kunden unterstützen könnte. Ich mache mir Gedanken zum Pricing und kalkuliere Aufwände, damit ich dem Kunden im Gespräch eine Preisspanne nennen kann.

Sollte es weiter gehen, erstelle ich dem Kunden ein umfangreiches individuelles Angebot. Bis zu diesem Punkt haben wir bereits einige Stunden und Energie für das Projekt aufgewendet, um das Projekt und die Ziele des Kunden zu verstehen und um das passendste Angebot zu erstellen.

Es wäre also viel weniger schlimm, wenn ihr, liebe Kunden, uns Designern einfach sagt, was Sache ist, uns kurz für unsere Mühen dankt und dann eurer Wege geht. Anstatt uns im Regen stehen zu lassen. Es ist nichts Schlimmes dabei, wenn das Budget oder einer der anderen Aspekte nicht passt.

Was kann ich als Designer tun, um Ghosting zu vermeiden?

Ghosting – Warnsignale – by Mindt Design Studio

01 Warnsignale oder red flags vor einer Zusammenarbeit erkennen

  • Integriere ein paar Fragen in deinem Kontaktformular. Nehmen die Kunden diese Fragen ernst? Nehmen sie sich Zeit sie zu beantworten, oder sind es spärliche Antworten? Das zeigt dir, wie viel Commitment hinter einer Anfrage steckt.
  • Ist der Kunde bereit, schriftlich mit dir zu kommunizieren, d. h. eine E-Mail zu senden? Oder sendet er/sie lediglich Sprachnachrichten per WhatsApp oder Instagram? Ich sage diesen Kunden dann, dass ich alleine aus Dokumentationsgründen die schriftliche Kommunikation bevorzuge. Wenn das nichts ändert, hatte ich in der Regel zu irgendeinem Zeitpunkt schlechte Erlebnisse mit diesen Kunden.
  • Ist die Timeline von vornherein utopisch? Dann lass es lieber gleich sein. Du kannst kurz erklären, dass solch ein Projekt in der Regel X Wochen oder Monate benötigt. Wenn der Kunde trotzdem Übermorgen Ergebnisse wünscht, sieht er ganz klar keinen Wert im Design, hat diesen Step nicht mit einkalkuliert und sieht das Design nur als etwas Unvermeidliches an.

Wie oft sollte ich nachhaken, wenn der Kunde mich vor einer Zusammenarbeit ghostet?

Ich frage in der Regel bis zu zwei Mal nach. Wenn der Kunde sich nach einer Woche nicht zurückgemeldet hat, dann kannst du oft davon ausgehen, dass er sich nicht wieder melden wird. In diesem Fall sei froh, dass solch eine Situation nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt während des Projektes eintritt – das wäre voraussichtlich schlimmer gewesen.

Eine Ausnahme wäre übrigens, wenn er oder sie vorher genau sagt, dass die Entscheidung etwas länger dauert, weil er z. B. Rücksprache mit anderen Entscheidungsträgern halten muss. Dann weißt du Bescheid und kannst dich darauf einstellen.

02 Frühzeitig über Preise sprechen

Dies mag etwas schwer mit dem Value Based Pricing Modell vereinbar sein, das ich nutze, aber vielleicht ist es möglich eine ganz grobe Preisspanne für das Projekt zu kommunizieren. Du kannst den Wert als grobe Einschätzung ohne Gewähr betiteln. Das bietet dem Kunden die Möglichkeit frühzeitig auszusteigen, wenn seine Vorstellungen allzu weit davon entfernt waren. Somit erspart ihr euch beide Zeit und Aufwand. Ich bin allerdings kein allzu großer Fan davon. Denn zu diesem Zeitpunkt hat der Kunde den Wert, den er durch die Zusammenarbeit mit dir erhält, evtl. noch gar nicht klar vor Augen.

Siehst du jedoch Potenzial, dem Kunden für sein Budget trotzdem eine (reduzierte) Lösung anbieten zu können, dann solltest du das auch tun. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja auch doch noch etwas mehr Budget, nachdem ihr erst einmal miteinander gesprochen habt. Deshalb wäge ich immer ab, ob ich tatsächlich vor einem Gespräch einen Preis nenne.

03 Rechtzeitig Konsequenzen ankündigen

Dieser Punkt bezieht sich eher auf den Fall, dass ihr bereits mitten im Projekt steckt und der Kunde dich plötzlich ghostet. Schau, dass du darauf vorbereitet bist, und entsprechende Konsequenzen in deinem Vertrag aufgeführt hast. Bspw. Gebühren für verspätetes Feedback oder das Recht, den Vertrag von deiner Seite aus zu kündigen und somit das Projekt zu beenden, wenn Situation X eintritt. Es könnte helfen, dem Kunden auch einfach damit zu drohen. Jedoch liegt dann bereits einiges im Argen.

Lasse dir unbedingt vor dem Projekt eine Anzahlung auszahlen (bevor du überhaupt beginnst). Dies gibt dir eine gewisse Sicherheit. 25–50% von den Gesamtkosten sind adäquat dafür.

Versuche in deinem Vertrag oder in deinem Willkommens Guide klar zu kommunizieren, was den Kunden erwartet. Welche Steps beinhaltet das Projekt? Wie sieht die Timeline aus? Welche Aufgaben hat der Kunde?

Setze außerdem Termine dafür fest, wann du Ergebnisse präsentierst und bis wann der Kunde Feedback geben soll. Diese Termine sind bindend und durch die Regeln im Vertrag sind entsprechende Konsequenzen abgedeckt.

Ghosting – Konsequenzen – by Mindt Design Studio

Der Kunde ignoriert deine Rechnung

In diesem Fall würde ich zuerst eine Erinnerung schreiben und dann eine Mahnung. Wenn du möchtest, suche noch einmal das persönliche Gespräch. Und wenn nichts mehr hilft, schalte einen Anwalt ein. Denn du bist hoffentlich über deinen Vertrag oder deine AGBs für diesen Fall abgesichert. Ich habe diese Erfahrung schon gemacht und ich war so froh, dass alles fest vereinbart war. Deshalb nochmal: lasse dir so viele Unterschriften wie möglich und nötig geben, wenn ihr Dinge vereinbart.

Ghosting vermeiden? — Ist das möglich?

Ich habe es bereits eingangs gesagt – leider befürchte ich, dass es immer Menschen geben wird, die dich ghosten werden. Ich verstehe es nicht, ich kann es nicht nachvollziehen und es macht mich traurig. Doch was können wir tun?

Lass es los. Solltest du doch eine Ghosting-Erfahrung machen, dann nimm es nicht persönlich. Erlaube der Situation nicht, dich runterzuziehen. Es ist unschön, aber es ist, was es ist. Das Problem sind nicht deine Preise. Das Problem sind nicht dein Style und nicht dein Portfolio. Es passt ganz einfach nicht zusammen.

Sprich das Thema vielleicht auch im Discovery Call an: sag dem Kunden, dass du so oder so um eine Antwort bittest. Das sollte nicht notwendig sein, aber wie wir wissen: ist es eben doch.

Lass dich immer für deine Arbeit und den Wert, den du schaffst, bezahlen

Ich habe vor einiger Zeit damit begonnen, eine Gebühr für die Erstellung von umfangreichen Angeboten zu verlangen. Diese wird dem Kunden zurückerstattet, wenn wir für das Projekt zusammenfinden. Es deckt oft nicht den tatsächlichen Aufwand, aber es stellt ein Commitment auf der Seite des Kunden dar.

Ich überlege dies zukünftig auch bereits bei Discovery Calls so zu handhaben. Denn wenn du alles kostenlos machst, geht dir schlichtweg Geld verloren. Egal, ob du dich dazu entscheidest, den Discovery Call umsonst oder gegen Bezahlung anzubieten: alles, was danach kommt, gehört vergütet!

Ghosting vermeiden? — Meine Erfahrungen

Du glaubst nicht, was ich bereits alles erlebt habe. Unbezahlte Rechnungen, ausbleibendes Feedback, keine Bereitstellung von Texten und Bildmaterial, Ignorieren von E-Mails, Ghosting nach Discovery Calls, Ghosting nach Angebotserstellung, ... alles dabei. Und ich habe keine Lösung für das Problem parat. Was ich jedoch weiß:

Wir müssen weiterhin offen über den Wert von und die Prozesse im Design sprechen, damit sich diese Situationen in der Zukunft weniger häufen. Stick to your boundaries. Sei klar in deiner Kommunikation und teile deine Erwartungen. Vielleicht können wir dann irgendwann tatsächlich das Ghosting vermeiden!

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P. S. Bei meiner Recherche bin ich auf diese Mail-Vorlage gestoßen und finde sie einfach nur super! Die Autorin nennt das Ganze übrigens Ghostbusting 🙂 Just in case ...

Good morning Ghoster,
Hope you’re doing well! Just curious if you had any questions about my samples, wanted to see more, or if I could provide any clarity or information that you might need. Feel free to reach out if there’s anything I can do for you.
Best,

by Elizabeth M. Jones