Entrepreneur — Branding Tipps

Ich habe den Begriff des “One Concept Approach” bislang nur auf englischsprachigen Seiten gefunden. Der „Ein-Konzept-Ansatz“ klingt zwar nicht so schön, aber drückt es doch auch ziemlich passend aus – was hat es damit auf sich und warum will ich diesen Ansatz für meinen Designprozess verwenden?
Es ist bei den meisten DesignerInnen gang und gäbe KundInnen mehrere Konzepte zu präsentieren, aus denen diese einen Ansatz auswählen können. Ich selbst habe bis vor kurzem noch genau so gearbeitet. Okay, ich stecke sogar noch mitten in Projekten drin, bei denen ich so arbeite. Obwohl ich mich schon länger nicht mehr damit wohl fühle. Denn einige Erfahrungen haben mir gezeigt, dass dadurch immer wieder Probleme auftreten können, die sich eigentlich vermeiden lassen.
Mein Weg zum “One Concept Approach”
Anfang des Jahres habe ich begonnen meinen Designprozess zu optimieren. Schon beim Angebotschreiben merkte ich, wie ich nicht mehr „2–3 Entwürfe“ inkludierte, sondern nur noch „1–2“, um mir somit bereits selbst die Möglichkeit zu geben, nur noch ein Konzept zu präsentieren. Irgendwie sind es dann aber doch immer noch zwei geworden.
Es erfordert definitiv eine gewisse Überzeugung, den Weg des “One Concept Approach” zu gehen. Nun habe ich den Entschluss gefasst und werde es auch zukünftig genau so kommunizieren.
Lösungen statt Optionen
Als Art Direktorin und Grafikdesignerin möchte ich meinen KundInnen eine Lösung bieten und nicht mehrere Optionen schaffen. Ich werde von ihnen beauftragt, weil ich die Spezialistin bin, weil die Kunden mir vertrauen, weil ich weiß, was ich tue. Wenn ich jedoch zwei oder mehr Konzepte vorstelle, bietet das dann nicht Raum für Verwirrung? Zeugt das eventuell von einer gewissen Unentschlossenheit? Auf den ersten Blick zwar nicht, da man es genau so kennt. Wenn es aber mehrere Vorschläge gibt, dann ist auch nicht klar, welcher der passendste und effektivste ist.
Als Designerin bin ich durchaus in der Lage, diese eine Lösung für meine KundInnen zu finden. Die Erscheinungsbilder, die ich gestalte, sollen die KundInnen oder KäuferInnen meiner KundInnen ansprechen. Dahinter steckt jede Menge Recherche und Strategie. Warum sollte ich also am Ende meinem Auftraggeber die Wahl lassen, was nun das stärkste Konzept ist, und somit die immens wichtige Wahl einer subjektiven Entscheidung überlassen?
Denn das ist es schließlich: er oder sie wird immer – bewusst oder unbewusst – nach dem eigenen Geschmack auswählen, auch wenn man noch so sehr betont, dass wir für die entsprechende Ziegruppe gestalten.
Wenn dem Auftraggeber aber die eine, bestmögliche, strategisch überzeugende und anwendbare Lösung für das Branding vorliegt, dann steckt da ganz klar auch ein größerer Wert für sein Unternehmen dahinter.
“Technicians perform tasks.
Professionals provide a solution.”
– Sean McCabe
Was andere DesignerInnen über den “One Concept Approach” sagen
Einige DesignerInnen und Studios gehen den Weg des “One Concept Approach” bereits, z. B. Melissa Yeager oder Rowan Made, und berichten nur Gutes darüber. Aber es gibt auch ein paar Dinge zu beachten: unter anderem müssen vorab die Rollen genau definiert sein. Der Kunde gibt die Ziele und Inhalte vor. Der Designer ist zuständig fürs Design und Design-Entscheidungen. Eigentlich ganz einfach. Jedoch sollten diese Zuständigkeiten vorab klargestellt sein.
Wir wollen vermeiden, dass KundInnen aus mehreren Konzepten ihre Rosinen herauspicken und alles zu einer „Frankenstein“-Lösung zusammenwerfen. Das ist tatsächlich oft die Realität. Ein bisschen was hiervon, aber auch ein wenig davon… das erhebt den Kunden / die Kundin zum Art Director und den Designer zum Pixel Pusher: die Dinge passen nicht mehr zusammen, aber die KundInnen denken, sie hätten eine großartige Idee gehabt. Und ihn/sie wieder davon abzubringen, ist gar nicht so einfach.
“Because we present only one concept, we make sure that our initial presentation is killer.” – Rowan Made
Es treibt also mich als Designerin an, für dieses eine Konzept mein absolut Bestes zu geben, und die „Magie“ des Designs nicht auf mehrere Konzepte aufteilen zu müssen.
Die Vorteile des “One Concept Approach”
1. Als Designerin kann ich diesem einen Konzept meine volle Aufmerksamkeit schenken.
Natürlich ist es ein längerer Weg dorthin: mit sehr großer Wahrscheinlichkeit gingen diesem einen Konzept einige viele andere voran. Durch Entscheidungen und Verfeinerungen kristallisiert sich dann aber dieses Konzept heraus, welches viel stärker ist, als es 2–3 andere je (gleichzeitig) sein könnten. Denn hier müsste ich meine Energie, Aufmerksamkeit und Detailliebe ja auf die drei aufteilen.
2. Das Konzept wird genau auf die Zielgruppe zugeschnitten.
Das ist natürlich generell das Ziel von guten Designern. Aber wenn man ehrlich ist: vermutlich werden mehrere Konzepte nie gleich gut zur Zielgruppe sprechen. Dieses eine Konzept aber kann ich bis ins kleinste Detail ausarbeiten und schließlich so gut im Kontext zeigen (durch Anwendungsbeispiele und Mockups), dass auch für meine KundInnen sehr schnell klar wird, warum genau dieses Konzept so gut funktioniert.
3. Den KundInnen wird eine große Last genommen.
Auch wenn sie es vielleicht so gewohnt sind und sich erst einmal wünschen, mehrere Entwürfe gezeigt zu bekommen, sollten die KundInnen diesen Vorteil erkennen: Sie sind keine ausgebildeten oder erprobten Gestalter. Demnach sollten sie diese sehr wichtige Entscheidung auch nicht treffen müssen.
4. Es gibt mir als Designerin Glaubhaftigkeit und baut Vertrauen zu meinen KundInnen auf.
Denn der “One Concept Approach” setzt Erfahrung und Selbstbewusstsein voraus und impliziert Professionalität – Anfänger oder Halbprofessionelle werden diesen Weg nicht wählen.
Ich bin super gespannt, wie sich der “One Concept Approach” in der Praxis für mich und meine KundInnen erproben wird. Ich werde ihn ausprobieren und dich an meinen Erfahrungen teilhaben lassen. Hast du Fragen dazu oder gehst diesen Weg ebenfalls und möchtest deine Erfahrungen mit mir teilen? Dann hinterlasse mir einen Kommentar!
Du würdest gerne mit mir zusammen arbeiten und den “One Concept Approach” für dein Projekt in Anwendung sehen? Schau dir mein Design-Angebot an!
Edit: mittlerweile sind fast 1,5 Jahre vergangen und ich habe nicht einmal zurückgeschaut! Der One Concept Approach ist weiterhin meine favorisierte Art Design-Konzepte zu präsentieren und es funktioniert.
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[…] sich das Ganze im Zuge der One Concept Methode auswirkt, das ist nochmals eine ganz andere […]
Hi Sarah,
finde ich grundsätzlich einen interessanten Ansatz und einen mutigen Schritt. Ich bin leider immer noch bei den 2-3 Entwürfen, obwohl es mir manchmal auch so geht, dass man eigentlich eine richtig gute Lösung hat und sich dann noch schnell einen zweiten Entwurf aus den Rippen leiern muss (der ja eigentlich auch gut sein muss – zumal manche Kund*innen ein großartiges Talent dafür haben den schlechtesten Entwurf zu favorisieren). Ich habe leider grundsätzlich das Gefühl, dass bei Designentscheidungen noch ganz viel »Das gefällt mir noch nicht.« und »Ich mag die Farbe nicht.« dabei ist. Bei manchen verständlich, schließlich ist es oft auch das eigene »Baby«, dass da ausgestaltet wird, bei anderen habe ich einfach nur den Eindruck, dass sie selbst gern Designer*in geworden wären, sie aber die Werkzeuge nicht beherrschen und andere denken wiederum einfach, dass es dazugehört, dass sie im Design so rumrühren können, wie sie es für richtig halten und dann manchmal so »Frankenstein«-Lösungen entstehen (sehr guter Begriff übrigens). Das ist einer der Gründe wieso für mich Grafikdesign als Auftragsjob immer unattraktiver geworden ist. Deswegen gut, dass du da so stark bist an der Stelle die Rollen nochmal zu klären. Beim/Bei der Automechaniker*in steht ja auch niemand daneben und erklärt ihm/ihr, wie er/sie das Auto reparieren soll. Ich denke aber, dass es ein harter Job ist diese Überzeugungsarbeit zu leisten und sich manche dadurch vielleicht auf den Schlips getreten fühlen.
Den Wunsch nach mehreren Entwürfen kann ich aber auch von Kundenseite her nachvollziehen. An Gestaltung ist eben nicht alles rational erklärbar und es spielt natürlich auch der Geschmack mit rein (wenn es wirklich nur eine richtige Lösung gäbe, wäre Design nicht so divers). Zumal es psychologisch etwas völlig anderes ist, wenn man den Kunden vor vollendete Tatsachen stellt, als wenn man ihm eine (überschaubare!) Auswahl gibt. Da viele eben doch den Drang oder die Lust haben mitzugestalten, gibt es Ihnen ein gutes Gefühl etwas mit entscheiden zu können.
Wie auch immer, ich bin gespannt was du zu berichten hast, wie es mit dem Ein-Konzept-Ansatz so läuft! Aus Gestaltersicht auf jeden Fall sehr nachvollziehbar, ich hoffe es klappt auch in der Praxis mit dem Kunden gut!
Liebe Grüße,
Lydia aus Halle!
@ Ute – was ich noch vergessen hab: Natürlich sollte es auch deinen Geschmack treffen! Aber der eigene Geschmack sollte halt nicht allem anderen übergeordnet werden. So à la: Grün ist meine Lieblingsfarbe. Deshalb muss das alles grün sein. Dafür will ich Bewusstsein schaffen. Lieber einmal mehr drüber nachdenken: warum will ich das anders haben? Bringt das wirklich etwas oder ist es nur mein subjektiver Eindruck.
Hallo Ute,
vielen Dank für deine Sichtweise dazu! Es ist vermutlich alles eine Stil-Frage, welche den Auftraggeber (im besten Fall) in erster Linie zum Designer führt. Wenn der Designer sich so positioniert hat, dass er aufgrund anderer Projekte für den Auftraggeber interessant ist, dann ist hoffentlich auch das notwendige Vertrauen vorhanden, sich auf diesen Prozess einzulassen.
Die Tatsache, dass ich auch nicht sofort anfange zu gestalten, sondern mich erstmal inhaltlich auf den Kunden einlasse und Tendenzen austariere, spielt auch eine große Rolle.
Wenn es wider Erwarten dann überhaupt nicht passt … ja dann muss man eben noch einen anderen Ansatz angehen. Ich finde aber eher wichtiger, dass dem Kunden eben diese Entscheidungspflicht genommen wird.
Es wird sich zeigen, wie gut es funktioniert 🙂
Liebe Henriette,
mein Ansatz sieht so aus, dass meine Kunden mir durch einen Fragebogen vorab schonmal alle wichtigen Punkte übermitteln. Durch gezielte Fragen wird so alles wichtige abgedeckt (Ziele, Zielgruppe, No-Gos, u.v.m.), das kommt eigentlich einem Briefing gleich. Wer zusätzlich visuellen Input geben möchte, darf das gerne tun.
Vertrauen muss man glaube ich über einen längeren Zeitraum aufbauen. Das funktioniert am besten über andere Projekte/Case Studies, seien es real umgesetzte oder sogar selbstinitiierte. Persönliche Empfehlungen sind sicher auch hilfreich und auch eine klare Positionierung kann hier helfen. Wenn potentielle Kunden sehen, dass du schon für andere Leute aus der gleichen Branche gearbeitet hast, und ihnen das Ergebnis gefällt, dann können sie so gut wie sicher sein, dass auch bei ihnen etwas Gutes dabei heraus kommt.
Dass man sich vorab mit Unternehmens-Analyse und Recherche befasst, muss man klar kommunizieren. Das sind ganz eindeutig Dinge, die Teil unserer Arbeit sind, die mit im Angebot aufgeführt werden und (oh ja!) vergütet werden müssen. Ich finde sie aber auch ganz essentiell, denn ohne sie kann man auch kein Design erstellen, das wirklich passt.
Du schreibst, dir fallen die 2–3 Entwürfe leichter … kann ich verstehen. Aber wenn das Fundament stimmt, ist es vielleicht auch mit dem einen möglich.
Ich habe meine Arbeitsweise dahingehend auch erst kürzlich geändert und fühle mich seitdem mit allem viel wohler, sicherer und strukturierter. Abläufe sind nun klarer und nicht mehr schwammig, Zuständigkeiten klar definiert. Es ist eine Menge Arbeit, sich darüber Gedanken zu machen und es umzusetzen, aber es ist es Wert!
Herzliche Grüße!
@Henriette. Das kommt mir bekannt vor ;-). Als Texter erlebe ich das ständig. Vielen Kunden (KMU) fehlt die Einsicht, dass in Sachen Text und Design ein “Need” besteht etwas zu ändern. Es wird nicht erkannt, dass der akute Zustand (Website, Design, Texte) so schlimm ist, dass die Außenwirkung verheerend ist. Zielgruppe sagt sich: “Na, wenn die Texte und das Design so mies sind, dann lässt das auch auf Produkte und Service schließen.” Diese Außenwirkung muss man den Kunden erst vermitteln, aber mit viele Diplomatie. Ich hatte einige Projekte zusammen mit einer Agentur in Aussicht, bei denen die Kunden anfangs überzeugt und massiv motiviert waren, alles mit uns neu anzugehen. Ist alles im Sande verlaufen, Tenor: läuft ja auch so gut (Empfehlung)… Nur, wie lange noch?
Hallo liebe Sarah,
ein Ein-Konzept-Ansatz ist absolut wünschenswert für Gestalter. Man bündelt seine Energien besser und setzt Ideen professioneller um. Aber um das Konzept auf den „einen Punkt“ zu bringen, braucht es ein gutes Briefing und eine sehr offene, team- und kritikfähige Kommunikation. Das sind die Punkte, mit denen ich Probleme habe. Kunden wissen nicht, was ein Briefing ist, können ihre Ziele nicht klar kommunizieren, sie beherrschen wenig bis keine Gestalt-Sprache, sie geben wenig Input. Oft fehlt am Anfang das nötige Vertrauen. Die Unternehmens-Analyse und die Recherche sind dann solche Hürden und oft viel zähe Arbeit, dass es mir leichter fällt 2-3 Konzepte zu entwickeln, um so ein Gefühl zu entwickeln und auf den „einen Punkt“ zu kommen.
Wie gehst du mit der One-Concept-Approach das Briefing als Ausgangsbasis erfolgreich an?
Eine gute Strategie und strukturierte Ansprache zu Beginn eines Projektes fehlen mir ( in Teilen ) wohl noch. Wir sind deine Erfahrungen?
Liebe Grüße, Henriette
Hi Sarah, interessanter Ansatz, zu dem ich gerne meinen Senf gebe. Grundsätzlich verstehe ich das. Bei mir gibt es ja auch den “einen” Textentwurf in meinem Stil, wenn auch auf bestimmte Formate zugeschnitten und mit Korrekturphasen. Die tangieren aber nicht das Grundsätzliche. Die Tatsache, dass ich bei unserer Zusammenarbeit gleich zu Konzept 1 neigte, scheint den Ansatz zu bestätigen. Dennoch sehe ich einige Stolpersteine im One Concept – auch in der Argumentation im Hinblick auf die Zielgruppe. Mal sehen, ob ich das hinkriege:
1. Es setzt voraus, dass der Kunde tatsächlich begeistert ist (ist bei Dir zwar sehr wahrscheinlich 😉 von dem Entwurfskonzept. Konkret: Ich folge zwar Deinem Ansatz, bevorzuge aber eigentlich z.B. in Sachen Schrift “Geradlinigkeit und Minimalismus” (etwa Schrift ohne Serifen). Ich habe mich aber geöffnet. Wem das z.B. absolut nicht behagt, wird das nicht tun…
2. Zielgruppe. Der Kunde soll sich ja freimachen vom “eigenen Geschmack”. Ist der im Idealfall deckungsgleich mit der Zielgruppe, da ähnliche Interessen, um so besser. Dann fällt das nicht schwer. Das setzt aber auch voraus, dass die Zielgruppe “selbst in der Lage ist”, gutes Design einzuschätzen bzw. die Dinge so sehen, wie konzipiert. Zumal: Die zugeordneten Attribute/Eigenschaft bei der Ausarbeitung von USP/Marke sind ja auch in großen Teilen “interpretativ” – von Seiten Deiner Kunden, der Zielgruppe und auch Dir. Auch in Sachen Anspruch und Wirklichkeit, im Sinne von Da will ich hin (Wahrnehmung), aber da bin ich noch nicht…
Am Ende könntest Du also mit dem “one concept eine Punktlandung machen, was toll wäre. Das gelingt m.E. aber nur dann, wenn der Kunde sich voll darin wiederfindet. Denn die Argumentation:” ja… es soll ja nicht Deinen Geschmack treffen, sondern der der Zielgruppe”, finde ich ein wenig zu absolutistisch :-).